500 Oldies rollen in die Stadt

Viele Raritäten beim Oldtimertag: Vom US-Straßenkreuzer bis zum Adler-Fahrrad

Von Helmut Bissinger (Text) und Stefan Sisulak (Bilder)

Donauwörth

"Das sprengt alle Erwartungen!" Einer der Helfer im Organisationsteam sagt, was am Samstag schon nach zwei Stunden die meisten fühlten: Der Oldtimertag der City-Initiative versetzte Donauwörth in den Ausnahmezustand. "Nichts geht mehr", mussten die Autofahrer in ihren modernen Gefährten feststellen, denn das Herz der Großen Kreisstadt war regelrecht "überfüllt". Weit über 500 Oldtimer mussten in der Reichsstraße, im Ried und im Heilig-Kreuz-Garten platziert werden.

"Wir haben unsere Grenzen fast erreicht", stellt denn auch schon bald Raimund Brechenmacher, einer der Organisatoren des Spektakels, fest. Bis in die späten Mittagsstunden rollen Fahrzeuge in die historische Innenstadt, bewundert von Liebhabern, die teilweise von weit her angereist sind. Die Aussteller sind aus ganz Europa gekommen: aus Deutschlands Norden, aus den Niederlanden, aus Österreich, Italien und der Schweiz. Schnell ist klar: Der Donauwörther Oldtimertag ist eine Zugnummer.

Die Palette ist schier unerschöpflich groß (teilnehmen darf jeder, der ein Fahrzeug, älter als 20 Jahre besitzt), es gibt ständig Neues zu entdecken. "Alles sehr gepflegt", hört man das Urteil der staunenden Betrachter. Und in der Tat: Chrom und Lack sind auf Hochglanz poliert, was angesichts des morgendlichen Regens sicher Schweißtropfen gekostet hat. Dann aber bahnt sich die Sonne einen Weg durch die Wolken - und lacht über der Stadt. "Ideale spätsommerliche Bedingungen", so der einhellige Tenor.

Männerherzen schlagen höher, Frauen zücken die Kamera. Es gibt viel zu sehen, ein Stück deutscher Nachkriegsgeschichte, aber auch Exoten. Da ist zunächst mal der VW-Käfer-Club Ultra Edicion. Er zeigt annähernd 30 "Käfer", bildschöne "Herbies", wie ein Besucher meint. Das besondere daran? Sie alle stammen aus der letzten offiziellen Baureihe, 2003 im mexikanischen Puebla vom Band gerollt, in einer Stückzahl von 3000 nur in zwei Farben, folglich in Donauwörth auch nur in beige und aquablau ausgestellt, wie Walter Köhler (Mönchengladbach), der Vorsitzende des Vereins, erzählt, um gleich stolz hinzuzufügen: "Am Nachmittag treffen wir uns mit unseren Fahrzeugen auf der Harburg." Dort empfängt die Käfer-Liebhaber der Fürst zu Oettingen-Wallerstein.

Mit dabei ist Eric Frings, der elf Stunden aus dem niederländischen Heerlen unterwegs war, um bei diesem Treffen dabei zu sein. In seinem Heimatland gibt es nur zwei solcher Autos. Auch der Holländer ist überrascht: "Das ist hier eine ganz tolle Atmosphäre, es gibt unglaublich viel zu sehen."

Zum Beispiel: ein Jaguar E-Type. Seine aerodynamische Karosserie hat ihn zum Meilenstein gemacht. 1964 gebaut, wurde er zur Konkurrenz der Italiener. Es ist nicht der einzige Sportwagen: Da ist ein 69er Ferrari Dino 246 GT zu sehen oder vier DeLorean, gebaut von einer Firma in Dunnmurry bei Belfast in Irland, mit spektakulärem hochklappbarem Seiteneinstieg (Flügeltüren). "Schnittig, tolle Kurven", sagt ein Betrachter und kann sich ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen. Es bleibt offen, ob er damit den Cadillac Fleetwood Series 75 Sedan meint, ein Straßenkreuzer, 6,23 Meter lang, 2,10 Meter breit. Sein Besitzer gibt den Benzinverbrauch mit "reichlich" an.

Eher unscheinbar steht vor dem Tanzhaus ein DKW Cabrio, Baujahr 1955, also schon ein Mittfünfziger. Franz Rühl aus Augsburg hat ihn "aufpoliert" und erzählt: "Im Vorjahr habe ich mit ihm eine 6000-Kilometer-Tour quer durch Norwegen gemacht. Das war eine Schau." Wohlgemerkt: mit 34 PS.

Mehrere Feuerwehren präsentieren ihre "Oldies", die Mertinger Wehr beispielsweise einen Mercedes SLG aus dem Jahre 1942, immerhin bis 1967 im Einsatz. Interessant auch der Johnston's Motor Transport von Roland Groß aus Kleinerdlingen (Baujahr 1923), dereinst zwischen London und Brighton im Liniendienst verkehrte.

Mitten in der Reichsstraße stehen zwei Westfalia-Camper, noch mit mechanisch-hydraulischer Bremse betrieben, während durchs Ried ein Messerschmitt Kabinenroller kurvt. Im Heilig-Kreuz-Garten ist der Vespa-Club vertreten. Dort fällt eine Corvette von Chevrolet ins Auge, ebenso wie NSU-Raritäten, ein knallroter Triumph TR 3 A und natürlich die alten landwirtschaftlichen Schlepper von Lanz, Fendt, Benz, Schlüter oder Hela Diesel, alles Namen, die die Erinnerung an die alten Zeiten aufleben lassen.

Wer viel anschaut, bekommt Hunger, und wer Hunger hat, bekommt Durst. Damit niemand hungrig und durstig in der Donauwörther Ausstellungsmeile unterwegs sein muss, haben sich die Gastronomen mit Ständen gerüstet. "Echt schön", ist im Schwyzer-Deutsch zu vernehmen. Am späten Nachmittag herrscht fast schon Gedränge. Alle haben Augen für die alten, die schnittigen Exponate - und natürlich die Exoten in manchmal knalligen Farben, dabei entgeht manchen vielleicht eines der attraktivsten Stücke: ein schwarz lackiertes Adler-Fahrrad, das Josef Schuster aus Mertingen in die heutige Zeit hinübergerettet hat. Mit Baujahr 1923 und Zwei-Gang-Nobelschaltung mit Gestänge muss sich dieser Drahtesel nicht vor "Gangsterwagen", Thunderbird-Oldies und Sportflitzern verstecken.

Viele Bilder vom Oldtimertag in Donauwörth finden Sie im Internet unter der Adresse www.donauwoerther-zeitung.de/bilder

 

 

 

Artikel vom: 28.08.2006 00:00